Baustoffkunde: Kalk. Teil 2: Verarbeitung

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Verschiedene Kalk-Arten (gebrannter Kalk, gelöschter Kalk, Weißkalkhydrat, Sumpfkalk, Trasskalk, Luftkalk, Hydraulische Kalke) werden im 1. Teil Kalk-Arten oder Was ist was behandelt. Auf dieser Seite geht es um die

Anwendung/Verarbeitung

Kalk ist diffusionsoffen und kapillar leitend, was ihn für viele Aufgaben in der Altbausanierung unersetzlich macht. Ein reiner Kalkmörtel lässt sich besser verarbeiten als ein Kalk-Zement- oder ein Zementmörtel. Allerdings hat ein Kalkmörtel eine deutlich geringere Festigkeit als ein (Kalk-)Zement-Mörtel und kann daher nicht in allen Bereichen eingesetzt werden.

Außerdem wird Kalk von saurem Regen angegriffen. Durch die Reaktion mit Luftschadstoffen (Schwefel) entsteht Calciumsulfat: der Kalk vergipst und wird ausgewaschen. Zurück bleibt der Sand… Dies scheint nur in stark belasteten Gegenden ein Problem zu sein.

Kalkmörtel

Mauermörtel werden in sogenannte Mörtelgruppen (MG) eingeteilt. Dabei steht MG I für reine Kalkmörtel, MG II für Kalk-Zement-Mörtel und MG III für Zementmörtel:

MG I – Kalkmörtel

1 Teil Kalkteig + 4 Teile Sand oder
1 Teil Kalkhydrat + 3 Teile Sand oder
1 Teil Hydraulischer Kalk + 3 Teile Sand

Diffusionsoffen und kapillar leitfähig.

MG II – Kalkzementmörtel

1,5 Teile Kalkteig, 1 Teil Zement, 8 Teile Sand oder
2 Teile Kalkhydrat, 1 Teil Zement, 8 Teile Sand

Druckfestigkeit: > 2,5 N/mm2 (entspricht ca. 250g/mm2)

MG IIa – Kalkzementmörtel

1 Teil Kalkhydrat, 1 Teil Zement, 6 Teile Sand

Druckfestigkeit > 5 N/mm2 (entspricht ca. 500g/mm2)
Kalkzementmörtel sind durch den Anteil an Zement weit weniger diffusionsoffen und kapillar leitend als reine Kalkmörtel.

MG III – Zementmörtel

1 Teil Zement + 4 Teile Sand

Druckfestigkeit > 10 N/mm2 (entspricht ca. 1kg/mm2)

Kalkputz

Für Putzmörtel gibt es eine ähnliche Unterteilung. Offiziell wurde diese Unterteilung im Jahr 2003 von der DIN-EN 998-1 abgelöst, sie ist jedoch noch immer gebräuchlich:

P Ia Luftkalkmörtel
Als Innenputz für Räume mit normaler Luftfeuchtigkeit, einschließlich Küchen und Bäder in Wohnungen. Als Außenputz bei gering beanspruchten Flächen.
1 Teil Luft- oder Wasserkalk + 3-4 Teile Sand

Eigenschaften: weich, elastisch, stark saugend, sehr wasserdampfdurchlässig

P II Kalkzementmörtel, Mörtel mit hochhydraulischem Bindemittel
Als Außenputz oder beanspruchter Innenputz

PIIa Hochhydraulischer Kalkmörtel: 1 Teil hochhydraulischer Kalk + 3-4 Teile Sand
PIIb Kalkzementmörtel: 1,5-2 Teile Kalkhydrat oder Kalkteig + 1 Teil Zement + 9-11 Teile Sand

Eigenschaften: Fest, schwach saugend, noch wasserdampfdurchlässig

P III Zementmörtel

Außenputz auf erdberührten Wandflächen und auf Sockelmauerwerk (diese Anwendungsempfehlung wird nicht von allen Fachleuten geteilt!)

1 Teil Zement + 3-4 Teile Sand

Eigenschaften: Hart, spröde, nicht saugend (abdichtend), kaum wasserdampfdurchlässig.

(Liste gekürzt, Angaben basieren auf Haefele, Oed und Sabel)

Für den Putz gibt es einige allgemein gültige Regeln:

  • Der Putz soll von innen nach außen weicher werden (Zementanteil und/oder Korngröße verringern), um eine optimale Haltbarkeit zu gewährleisten.
  • Innen soll das gröbste Korn verwendet werden, außen das kleinste, um einen kapillar wirksamen Aufbau zu erreichen. In Kapillaren “fließt” das Wasser in Richtung kleinerer Kapillare. Im Putz also in Richtung der kleineren Körner, also nach außen, und trägt zu einer trockenen Wand bei.
  • Dreikornregel: Die Schichtdicke soll nicht größer sein als der dreifache Durchmesser des Größtkorns.

Ein reiner Kalkputz verlangt außerdem die Beachtung folgender Punkte:

Durch Reiben und Glätten reichert sich an der Oberfläche Bindemittel an. Es entsteht eine Sinterschicht, die zur Rissbildung neigt, da sie beim Trocknen stark schwindet. Die Sinterschicht ist sehr dicht und glatt (=geringe Oberfläche) und erschwert das Eindringen von CO2, welches zur Erhärtung des Kalkmörtels notwendig ist. Abreiben mit einem Filzbrett (filzen) entfernt diese Sinterschicht und erzeugt wieder eine größere Oberfläche.

Da das Eindringen von CO2 sehr langsam geht und nur zur Erhärtung beiträgt solange der Putz noch feucht ist, darf der Putz nicht zu schnell austrocknen. Er sollte mindestens eine Woche feucht gehalten werden. Gleichzeitig ist für einen Luftaustausch zu sorgen, Zugluft sollte aber vermieden werden.

Vor dem Putzauftrag muss die Wand gut vorgenässt werden. Kalkputz wird in der Regel zweilagig aufgetragen. Die erste Lage muss vor dem Auftragen der zweiten Schicht wieder vorgenässt werden.

Wenn die Wand mit Kalkfarbe gestrichen werden soll, ist nach dem anziehen der letzten Schicht der richtige Zeitpunkt gekommen. Die Kalkfarbe wird frescal, also auf den noch feuchten Putz, aufgetragen und geht so eine bessere Verbindung mit dem Untergrund ein.

Die Korngröße gibt den Größe der größten und der kleinsten Körner eines Sandes an. “0/3” bedeutet “Korngrößen zwischen 0 und 3mm”.Als grober Richtwert gilt:

Spritzbewurf: Innen: 0/3 – 0/7, außen: 0/7
Unterputz: Innen: 0/3, außen: 0/5
Oberputz: Innen 0/1 – 0/2, außen: 0/3-0/7

Kalkfarbe

Weißkalkhydrat und Wasser (1:5) ergibt Kalkfarbe, die in der Regel im Innenbereich aufgetragen wird. Für den Außenbereich ist Kalkfarbe nur bedingt geeignet, da die Haltbarkeit oft zu gering ist.

Vorteile: Kalkfarbe ist wasserdampfdurchlässig und hygienisch, da sie mit ihrer alkalischen Eigenschaft Schimmelwachstum hemmt. Und natürlich: Lösungsmittelfrei (zumindest wenn man das Wasser als Lösungsmittel nicht berücksichtig).

Nachteile: Kalkfarbe ist nicht 100% wischfest. Für die meisten Anwendungen ist die Wischfestigkeit jedoch ausreichend.
Kalkfarbe muss dünn auf einem vorgenässten Untergrund aufgetragen werden. Ist die Farbe zu dick oder trocknet sie zu schnell (bei heißem, sonnigem Wetter oder weil der Untergrund zu stark saugt) dann findet keine ausreichende Carbonatisierung statt (Aufnahme von CO2) und die Farbe erreicht nur eine geringe Festigkeit: Sie kreidet und/oder neigt zum Abblättern.

Während der Verarbeitung sollte die Farbe immer wieder aufgerührt werden, da sich sonst am Boden des Topfes Kalkteig absetzt.

Solange die Farbe bzw. die Wand nass ist, ist der Anstrich fast durchsichtig. Erst nach dem Trocknen erscheint die Wand weiß. Wird die Farbe ausreichend dünn aufgebracht, sind 3-4 Anstriche notwendig, um eine ausreichende Deckkraft zu erreichen.
Idealerweise wird Kalkfarbe frescal aufgetragen, also auf den noch feuchten Kalkputz. So geht sie eine feste Verbindung mit dem Untergrund ein. Für nicht-mineralische Untergründe ist Kalkfarbe ist ungeeignet.

Die Wischfestigkeit von Kalkfarbe kann durch Zugabe von 1% Distel- oder Leinöl (Achtung: Häufiges Rühren notwendig) oder von Magerquark erhöht werden. In letzterem Fall erhält man Kalkkaseinfarbe.

Kalkkaseinfarbe / Kaseinfarbe

Kasein ist ein Milcheiweiß und Haupbestandteil von Quark. Kasein wirkt als Bindemittel und erhöht die Wischfestigkeit von Kalkfarbe. Als organisches Material erhöht sie aber die Anfälligkeit für Schimmelwachstum auf der gestrichenen Wand. Auf feuchten Wänden sollte besser reine Kalkfarbe verwendet werden.

Kaseinfarbe kann man als Pulfer zum Einrühren in Wasser kaufen oder selbst mischen:

Rezept für Kalk-Kaseinfarbe

  • 10 Liter Wasser
  • 3 bis 4 kg Weißkalkhydrat
  • 500g Magerquark (besser ein hochwertiges Produkt kaufen. Magerquark von Aldi hat schon öfter zu Problemen geführt)
  • 1 Hühnerei
  • 2cl Speiseöl

Vor dem Verarbeiten mehrere Stunden stehen lassen, damit das Kasein aufgeschlossen wird.

Quellen


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