Feuchte Wände

Die meisten Altbaubewohner kennen das Problem: Die Wand fühlt sich kalt und feucht an, erste Spuren von Schimmel sind vielleicht schon vorhanden. Das Bekämpfen der Symptome mittels Schimmelentferner hat keinen langfristigen Erfolg. Aber um das Übel an der Wurzel zu packen, muss die Ursache bekannt sein. Dieser Artikel soll Ihnen bei der “Spurensuche” helfen.

Woher kommt die Feuchtigkeit?

Sie vermuten es bereits: Die Feuchtigkeit kann verschiedene Gründe haben. Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  1. Aus dem Erdreich aufsteigende Feuchtigkeit
  2. Kondensation an kalten Oberflächen
  3. Regenwasser
  4. Eine undichte Wasserleitung

Aus dem Erdreich aufsteigende Feuchtigkeit

Das Erdreich enthält ab einer bestimmten Tiefe immer Feuchtigkeit, die über Fundamente oder Kellerwände den Weg in unsere Wohnung finden kann. Seit einigen Jahrzehnten werden deshalb sogenannte “Horizontalsperren” in die Wände eingebaut. Schichten aus wasserundurchässigem Material, z.B. Dachpappe, die das Aufsteigen von Feuchtigkeit verhindern sollen. Bei vielen Altbauten, vor allem wenn sie vor dem 2. Weltkrieg erbaut wurden, fehlt die Horizontalsperre. Das heißt jedoch nicht automatisch, dass die Feuchtigkeit dann auch bis in den Wohnbereich vordringt.

Die folgenden Faktoren begünstigen trockene Wände:

  • Ein niedriger Grundwasserspiegel und ein durchlässiger Boden. Je schneller Wasser im Boden versickert, desto trockener bleibt das Erdreich und die Fundamente. Eine sandiger Boden ist deshalb besser als ein lehm- oder tonhaltiger.
  • Wandbaustoffe, die wenig Wasser aufnehmen, bzw. eine geringe kapillare Leitfähigkeit besitzen, z.B. Bruchsteine, Beton und hart gebrannte Ziegel (Klinker). Schlecht sind weich gebrannte Ziegel, die leider häufig verwendet wurden.
  • Eine erhöhte Lage des Erdgeschossfußbodens. Dadurch bekommt die Feuchtigkeit die Gelegenheit, über den Sockel nach außen abzutrocknen, bevor sie das Erdgeschoss erreicht. Je höher der Sockel umso besser. Wenn jedoch ein undurchlässiger Zementputz den Sockel bedeckt, kann die Feuchtigkeit nicht anders als weiter nach oben zu steigen. Mehr zum Thema Putz finden Sie im Abschnitt “Regenwasser” (unten) und im Artikel Baustoffkunde: Kalk. Teil 2: Verarbeitung.

Kondensation an kalten Oberflächen

Dieses Phänomen findet man nicht nur in Altbauwohnungen, sondern immer häufiger auch in Neubauten und in fast jedem Altbaukeller.

Ursache dafür ist die Luftfeuchtigkeit, d.h. Wasser, welches sich in Form von unsichtbarem Wasserdampf in der Luft befindet. Wieviel Wasser die Luft aufnehmen kann, hängt von der Lufttemperatur ab: Je höher die Temperatur, umso mehr Wasser kann die Luft aufnehmen. Zum Beispiel: Bei 10°C kann ein Kubikmeter Luft 9,4g Wasser aufnehmen. Bei 30°C kann die Luft bis zu 30,4g Wasser aufnehmen. Dabei spielen zwei Begriffe eine wichtige Rolle:

Relative Luftfeuchtigkeit
Die relative Luftfeuchtigkeit gibt an, wieviel Wasser die Luft, im Vergleich zum maximal möglichen Wert, gerade enthält. Diese Angabe ist temperaturabhängig.
Beispiel: Eine relative Luftfeuchtigkeit von 100% bei 10°C bedeutet, dass die Luft 9,4g Wasser enthält und keine weitere Feuchtigkeit mehr aufnehmen kann. Wird die Luft auf 30°C erhitzt, könnte sie weitere Feuchtigkeit aufnehmen. Wenn sie weiterhin nur 9,4g Wasser enthält, beträgt die relative Luftfeuchtigkeit nur noch 31% (9,4g von 30,4g).

Taupunkt
Der Taupunkt ist ein Maß für die absolute Luftfeuchtigkeit, und daher temperaturunabhängig. Der Taupunkt gibt die Temperatur an, bei der die Luft mit Wasser gesättigt ist, also die relative Luftfeuchtigkeit 100% beträgt. Wird die Luft unter den Taupunkt abgekühlt, kann die Luft nicht mehr das ganze in ihr enthaltene Wasser speichern. Es fällt aus und schlägt sich an (kalten) Oberflächen nieder.
Beispiel: Wenn ein Kubikmeter Luft 9,4g Wasser enthält, dann liegt der Taupunkt bei 10°C.

Was bedeutet dies für unsere (feuchte) Wand? Eine typische Situation in einem Altbau ist die folgende:

Angenommen,
wir haben unsere Raumluft auf 22°C aufgeheizt, um die “Kältestrahlung” der nicht isolierten Wände zu kompensieren. Während wir schlafen produzieren wir 50g Wasserdampf pro Stunde. Nach einer Nacht mit geschlossenem Fenster beträgt die relative Luftfeuchtigkeit im Schlafzimmer 70%. Der Taupunkt liegt dementsprechend bei 16,3°C. Die Schlafzimmeraußenwand kühlt in kalten Nächten auf unter 15°C ab.

Luft, die hier vorbeistreicht, kühlt unter die Taupunkttemperatur von 16,3°C ab. Das überschüssige Wasser kondensiert an der Wand und wird von der Tapete aufgenommen.

Fazit: Die Taupunkttemperatur der Raumluft darf nicht unter die Temperatur der Außenwand fallen. Abhilfe ist mit zwei Maßnahmen möglich: Entweder man erhöht die Wandtemperatur mittels Wärmedämmung, oder man reduziert die Luftfeuchtigkeit mittels kontrollierter(!) Lüftung. Achtung: Zuviel Frischluft, z.B. durch ein gekipptes Fenster schadet auch:

Kalte Luft, die durch ein gekipptes Fenster einströmt, kült die angrenzende Wandfläche stark aus. Auf diese Weise können auch in gut gedämmten Neubauten Wandtemperaturen erreicht werden, die unter dem Taupunkt der Raumluft liegen. Die Folge: Kondensation, Schimmel.

Regenwasser

Regen kann auf unterschiedliche Weise zu einer feuchten Wand führen:

  • Ist der Außenputz schadhaft und – in diesem Fall besonders schlimm – nicht kapillar leitend, wie z.B. Zementputz, dann kann Regenwasser durch die schadhaften Stellen in das Mauerwerk eindringen, bleibt dort aber “gefangen”, da es durch den Außenputz nicht verdunsten kann. Dies betrifft vor allem die Wetterseite des Hauses.
  • Regen durchfeuchtet auch das Erdreich. Besonders an schattigen Stellen bleibt der Boden lange nass. Wenn jetzt die Abdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit fehlt…
    Abhilfe: Neigung des Erdreichs immer vom Haus weg, damit Wasser abfließt. Entlang der Hauswand durchlässigen Boden (Kieselsteine) einbringen.
  • Eine undichte Regenrinne oder ein kaputtes Fallrohr fallen nicht sofort auf, da man bei Regen eher schnell zur Haustür huscht. Eine regelmässige Kontrolle ist deshalb Pflicht.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Zusammenhang mit Regenwasser ist der Außenputz: Ist ein wasserdichter Zementputz oder ein kapillar leitender Kalk(zement)putz besser? Ein Zementputz verhindert – solange er intakt ist – das Eindringen von Regenwasser. Er verhindert aber auch das schnelle Austrocknen der Wand, wenn bereits Feuchtigkeit auf irgendeine Weise eingedrungen ist. Ein Kalk(zement)putz saugt sich bei Schlagregen voll, trocknet aber auch relativ schnell wieder aus.
Für mich persönlich habe ich folgenden Kompromiss gefunden: Reinen Zementputz nur da, wo es nicht anders geht, z.B. wenn der Putz kontakt mit feuchtem Erdreich hat (was sowieso vermieden werden sollte). Wenn die Wand einigermaßen witterungsgeschützt ist, verwende ich reinen Kalkputz, ansonsten Kalkzementputz. Mehr zum Thema Außenputz.

Eine undichte Wasserleitung

Das Problem dabei ist, dass die Wand nicht immer da feucht ist, wo die Leitung bzw. das Leck ist. Gerade im Altbau, wo die Wände öfter mal feucht sind, denkt man daran nicht immer.

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